Ein Urlaubsbericht – oder – wie viel Schottland kann man in zwei Tage packen?

Nun versuche ich mich auch mal an einem, hoffentlich einigermaßen unterhaltsamen, Urlaubsbericht. Ich möchte direkt dazusagen, dass es sich 1. um eine Reise mit absolutem Fokus auf das Fotografieren handelte und ich 2. die jeweiligen Gebiete zumindest schon im Groben kannte. Jemandem, der zum ersten Mal nach Schottland fährt und primär das Land erleben möchte, würde ich weder dieses Pensum noch diese Abfolge empfehlen. Für mich war es, unter diesen Voraussetzungen, aber klasse.

Tag 1
Bei der Landung in Edinburgh begrüßt mich schönstes schottisches Regenwetter. Die Vorhersage für die nächsten Tage sieht ähnlich aus – ich weigere mich aber, daran zu glauben. Die haben eh keine Ahnung.

Die Schlange an der Ausweiskontrolle ist ewig lang – das 10-Kilo-Handgepäck bei Ryanair ist zwar nett, zieht aber bei der Herumsteherei ganz schön am Rücken und an meiner kaputten Schulter. Das Schlangestehen geht beim Abholen des Mietwagens weiter. Nerv. Dafür gibt es beim Auto eine nette Überraschung, denn statt des gebuchten Kleinwagens hat man mir einen Vauxhall Crosslands X zugeteilt. So ein kleiner SUV kommt mir für meine Fotopläne sehr entgegen. Ich mache mich daran, meine Taschen einzuladen und stehe natürlich prompt auf der falschen Wagenseite. Wird mir in den nächsten Tagen noch oft passieren.

So, auf geht’s. Die ersten Minuten Linksverkehr sind immer etwas stressig. Im ersten Kreisverkehr schaffe ich es, mich zu verschalten und den Wagen abzuwürgen. Hupt aber keiner. Ich denke, hier am Flughafen ist man Kummer mit den ausländischen Fahrern gewöhnt. Als nächstes dann noch ein Doppelkreisverkehr – arg. Dem Navi sei gedankt. Danach bin ich dann aber schnell auf dem Motorway und kann entspannen. Naja, zumindest, solange nicht baustellen- oder wetterbedingt die Geschwindigkeitsbegrenzung heruntergesetzt wird. Der Schotte an sich rast zwar nicht und bleibt gern auch mal ein bisschen unter den erlaubten 70 Meilen pro Stunde. Aber Begrenzungen zwischendurch werden sehr gekonnt ignoriert. Fühle mich ziemlich blöd dabei, mit 40 mp/h da langzuzockeln. Hab aber auch keine Lust auf fette Bußgelder, gerade bei einem Mietwagen. Müssen die anderen also durch.

So fahre ich eine gute Dreiviertelstunde durch den Regen. Ein Stück hinter Glasgow reißt plötzlich der Himmel auf. Im Radio beginnt Toto – Africa zu spielen. So muss das. Loch Lomond kommt ich Sicht, ich biege aber links ab Richtung meiner Unterkunft. Das Wetter ist wieder diesig und lässt kaum Sicht auf die Landschaft zu, aber die Straße macht Spaß – rauf, runter, Kurven, ich kann mich so richtig schön auf den Linksverkehr und das Auto einstimmen.
Die Unterkunft ist gut ausgeschildert und schnell gefunden. Mittlerweile ist es schon ziemlich spät, die Ausweiskontrolle und das Warten auf den Mietwagen haben Zeit gefressen. Meine Hosts sind aber unglaublich süß und herzlich und fangen sofort an, mir Abendessen zu kochen, damit ich nicht noch einmal los muss. Danach geht’s aufs Zimmer. Für den Seeblick aus Fenster reicht es kurz noch, dann falle ich ins Bett.

Tag 2
Ich bin kein Langschläfer. Bis 7 Uhr Ortszeit halte ich es im Bett aus, dann bin ich auf den Beinen. Auspacken, frisch machen und runter zum Frühstück. Dort verquatsche ich mich noch eine Weile mit meinem Gastgeber, der nach meinen Plänen für den Tag fragt und mir Tipps gibt.

Rucksack umgepackt, Fotosachen vorbereitet, los geht’s. Das Wetter ist weiter grau. Nicht gemütlich, aber immerhin gut, um Wasserfälle zu fotografieren. Also mache ich mich auf den Weg Richtung Loup of Fintry. Der Weg führt durch eine liebliche Landschaft mit Mauern, knorrigen Bäumen und Schafen. Anders, als ich es sonst aus dem Nordwesten kenne. Erinnert ein bisschen an England, sehr hübsch. Leider verpasse ich oft gute Gelegenheiten zum Anhalten und Fotografieren – das ist der Nachteil, wenn man allein ist und selber fährt.

Ich brauche ein wenig, um die richtige Parkmöglichkeit an der Straße zu finden. Das winzige Schild zum Loup of Fintry steht versteckt hinter einer Mauer – typisch Schottland, woanders stände diese Stelle in jedem Reiseführer und hätte wahrscheinlich Leuchtreklame. Der Weg ist gut begehbar und der Wasserfall schnell in Sicht. Leider führt er recht wenig Wasser – hier merkt man die Trockenheit der letzten Wochen. Sagte ich vorhin noch, bedeckter Himmel ist gut zum Wasserfälle fotografieren? Stimmt, was nicht so gut ist, ist aber Sprühregen auf dem Objektiv und so kräftige Windböen, dass es mir fast das Stativ samt Kamera umhaut. Naja, wenigstens keine Midges.


Ich stiefle weiter und finde von der Seite noch eine interessantere Perspektive. Zwischendurch kommt auch die Sonne durch die Wolken und zeichnet die typischen Lichtspiele auf die grüne Landschaft und den von Bluebells gesäumten Hang im Hintergrund. Ich experimentiere eine ganze Weile mit verschiedenen Perspektiven und Filtern herum und begeistere ich für die Steinformationen im Wasserfall. Nachdem ich wirklich alles kurz und klein fotografiert habe, beschließe ich, weiterzuziehen.

Das Wetter scheint reicht stabil zu bleiben, kein starker Regen in Sicht, also beschließe ich, Finnich Glen (Devil’s Pulpit) zu besuchen. Trotz des mäßigen Wetters ist der Parkplatz schon ziemlich voll – Outlander lässt grüßen. Egal, mein kleiner SUV rumpelt brav durch Schlaglöcher, durch die die anderen Autofahrer sich nicht trauen, und ich finde ein Plätzchen.

Im Wäldchen angekommen bin ich zunächst nicht ganz sicher, wo der Eingang zur Schlucht ist. Ich folge einfach den ausgetretenen Pfaden, erhasche erste, beeindruckende Blicke nach unten und fotografiere moosbedeckte Bäume und von Bluebells gesprenkelte Lichtungen.

Schließlich komme ich an der berüchtigten Treppe an. Die ist echt ganz schön steil und ziemlich glitschig. Fotoausrüstung gut auf dem Rücken verstaut, mache ich mich an den Abstieg, teils auf Händen und Füßen. Auf meinem Rucksack ist übrigens immer noch der rote Lehm verewigt.

Unten wimmelt es nur so vor Motiven. Hier kommt die Trockenheit mir wiederum zugute. Denn man schafft es mit etwas Geschick auch ohne kniehohe Gummistiefel, bis zum Wasserfall vorzudringen. So ein Stativ ist übrigens auch ein ziemlich praktischer Gehstock, wenn man von einem Stein im Wasser zum nächsten balanciert. Natürlich bin ich nicht allein und muss immer mal warten, bis ich freie „Schusslinie“ habe, übertrieben voll ist es aber zum Glück auch nicht.

Ich verbringe eine gute Stunde dort unten, bis ich mich auf den Rückweg mache. Auf der Treppe gibt es fast einen Unfall, da ein kleiner Junge beschließt, dass es eine gute Idee sei, seinem Vater bei dem fast senkrechten Abstieg von hinten in den Rücken zu springen. Papa beschließt dann zum Glück, dass das Ganze doch etwas zu gefährlich ist, und dreht um.

Jetzt muss ich mir erstmal was zu essen suchen. Währenddessen überlege ich, was ich als nächstes mache. Der Wetterbericht sagt, dass es gegen 17 Uhr aufklaren soll. Also bleibe ich bei meinem ursprünglichen Plan und mache mich auf den Weg in Richtung des Ben A’an.
Die Fahrt dorthin führt zunächst durch schöne Wälder mit jeder Menge Bluebells. Ich habe das Bedürfnis, zu fotografieren, finde aber an den Haltemöglichkeiten keine passenden Motive. Irgendwann krieg ich euch!
Ich erreiche den Duke‘ Pass, eine „Scenic Route“. Landschaftlich finde ich die Strecke ehrlich gesagt nicht sooo beeindruckend. Aber das Fahren auf der kurvigen Straße macht mal wieder richtig Spaß. Zwischendurch weist ein Schild auf den Three Lochs Forest Drive hin. Ich überlege kurz, allerdings sah es bei meiner Recherche auf Fotos aus, als wäre das zumindest teilweise eine Schotterpiste. Das Risiko gehe ich mit einem Mietwagen nicht ein, denn die Definition dessen, was eine „befestigte Straße“ ist, divergiert doch ziemlich. Also weiter. Loch Achray und die Spitze des Ben A’an kommen in Sicht. Huch – dafür, dass er nur gut 450 Meter hoch ist, wirkt der kleine Berg recht imposant.

Wettermäßig ist noch keine Besserung in Sicht. Was solls, dann eben bei Regen. Der Aufstieg ist ziemlich steil – erst auf einem Pfad durch eher karge Landschaft, dann über Steintreppen durch einen Wald. Viel Aussicht gibt es bisher nicht. Ich komme ordentlich ins Schwitzen, aber die Wanderer, die vor mir losgegangen sind, habe ich bereits außer Sicht hinter mir gelassen. Unterwegs mache ich mir die Dose Irn Bru auf, die mir mein Gastgeber mitgegeben hat. Mal wieder stelle ich fest, dass das Zeug eigentlich echt ekelig ist. Gehört aber trotzdem irgendwie jedes Mal dazu.

Ich erreiche den felsigen Gipfel. Leider hat das mit der Verbesserung des Wetters nicht wirklich geklappt. Über Loch Achray ist ein wenig blau zu sehen, aber über Loch Katrine hängt eine dicke Wolkendecke, garniert mit Sprühregen und heftigen Böen. Aufpassen, hier fällt man ganz schön tief. Der Ausblick ist trotzdem klasse.






Ich verbringe eine Weile oben, bis es mir zu kalt wird und ich mich auf den Rückweg mache. Mit etwas wabbeligen Beinen sind die vielen Treppen gar nicht ohne. Einmal vertrete ich mich und kullere tatsächlich ein ganzes Stück den Weg herunter. Zum Glück war die Kamera schon verpackt. Und keiner hats gesehen. Würde bewahrt. Die leere Irn Bru Dose in meiner Jackentasche ist jetzt platt, hat den Sturz sicher gedämpft.
Wieder am Auto angekommen überlege ich kurz. Eigentlich war der Plan, weiter entgegen des Uhrzeigersinns um Loch Lomond herumzufahren. Das wären allerdings nochmal fast zwei Stunden. Ich bin recht geschafft und das Wetter scheint eher schlechter zu werden. Also entscheide ich mich, stattdessen den gleichen Weg zurückzufahren.
Wieder in der Unterkunft angekommen mache ich mich kurz frisch und fahre nochmal los zu einem Pub in der Nähe, den ich schon aus dem letzten Urlaub kenne. Danach geht es, wie fast immer, wenn ich im Urlaub bin, überpünktlich ins Bett.


Teil 2 folgt.... dieses maximal 5 Bilder pro Beitrag ist ja ziemlich nervig leider...

Wow, vielen Dank für die tollen Bilder. Ich glaube, da möchte ich auch mal hin...

Ein schöner Bericht und noch schönere Bilder. Danke fürs Einstellen, Franzi.

Super stimmungsvolle Bilder, klasse!

Danke und LG
Ameli

Sooooo schön! Danke fürs teilhaben lassen.

Was für herrliche Fotos von deiner unterhaltlichen Reise, vielen Dank!