Wer bei mir im Tagebuch mitliest, hat vielleicht schon mitbekommen, dass ich ziemlich mit der nichtvorhandenen Losgelassenheit meines Arabertiers kämpfe. Hauptsächlich liegt's daran, dass er mental nicht loslassen kann, sondern immer überall dabei sein und uns vor Säbelzahntigern beschützen möchte - das ist zwar ein echt netter Zug von ihm, aber mir macht es das Leben nicht leicht. Seit die diversen Zipperlein überstanden sind und wir einen passenden Sattel haben, laboriere ich daran herum und komme mir vor wie ein Tierquäler, wenn er augenrollend mit zum Boden durchgebogenem Rücken um mich schießt beim Longieren, obwohl wir nur angetrabt sind.

Ich bin einfach ein bisschen ratlos, was ich mit ihm anstellen soll und wie ich ihm beibringen kann, dass er nunmal auch eine halbe Stunde auf dem Platz zubringen kann, ohne dass ein anderes Pferd dabei ist und ohne völlig unkonzentriert zu sein.

Im Gelände ist es besser, aber auch da war bei den letzten beiden Ausritten nicht an gemütliches v-a im Trabe zu denken. Immerhin im Schritt konnte ich ihn letztes Mal ein wenig dazu bewegen. Aber es ist halt auch blöd (und unangenehm auch für mich) immer auf so einem weggedrückten Rücken herumzureiten.

Ganz selten mal kommt es vor, dass er toll läuft und entspannt ist, dann fühlt man sich auch total wohl auf ihm und kommt zum Reiten.

Bin ich zu ungeduldig und meint ihr, das gibt sich, oder mach ich einfach irgendwas total falsch... Irgendwie zweifle ich total an meiner Reiterei, wenn er wieder so nen Tag hat

Hat irgendeiner irgendwelche Tipps, die ich noch versuchen kann?

Hmmm ... ja.

Du schreibst es ja eigentlich schon sehr treffend: Mentale Losgelassenheit. Die findet Dein Pferd dann, wenn Du sie gefunden hast.

Ich weiß, das klingt jetzt ein bisschen nach "billigem Ratschlag", aber ich hatte vor vielen Jahren zwei Bücher zum Thema "mentales Training beim Reiten" und sie haben mir sehr geholfen, als ich damals meinen Trakehner Halbblüter durchs Viereck steuern wollte und der immer wieder irgendwelche Eskapaden brachte, die uns dann die Platzierung kosteten.

Ich habe sogar noch ein Video, wo man eine Stimme im Hintergrund hört, die sagt: "Wenn sie das jetzt so halten kann, könnte sie die Prüfung gewinnen, aber wahrscheinlicher ist es, dass ihr Pferd gleich wieder irgendwo ausrastet!"

Tatsächlich kannte ich ja seine Angewohnheit, sich plötzlich zu verspannen und dann loszubocken oder abzuschießen nur zu gut. Also saß ich die ganze Zeit auf meinem Pferd und wartete nur darauf, dass er loslegt und dabei verspannte ich mich immer mehr, bis das dann bei meinem Pferd ankam und er darauf reagierte.

In den Büchern fand ich Übungen, bei denen man die Prüfung geistig durchreiten sollte, um festzustellen, wo man innerlich zusammenzuckt und genau an diesen Stellen sollte man sich dann beim Reiten ganz bewusst vorstellen, dass das Pferd ganz entspannt bleibt und nur das Positive erwarten und keinesfalls etwas Negatives.

Das funktionierte durchaus.

Du hast ja schon das Singen zur Entspannung entdeckt und ich glaube wirklich, dass unsere Pferde ganz genau spüren können, ob wir gelassen oder angespannt im Sattel sitzen - bleiben wir gelassen, bleiben sie es meist auch und verspannen sich nicht.

Aber das schreibt und liest sich auch viel leichter, als dass man es umsetzen kann.

Ich habe bei Lilo ja zwischendurch das gleiche Problem wie Du mit dem Schatzi: Lilo sucht etwas, über das er sich nerven kann, fängt an herzumzuzackeln und schon verspanne ich mich, er drückt den Rücken weg, fängt an zu rennen und selbst wenn ich ihn dann durchpariere, wird das kein entspannter Schritt und mit V-A klappt das auch nicht mehr. Also summe ich und versuche mir vorzustellen, wie er sich entspannt. Das klappt tatsächlich immer besser (solange ich mich nicht nerve).

Wichtig dabei ist aber, dass Du Dir auch keine Ziele stecken solltest, wenn Du aufsitzt. Nimm, was er anbietet, denn wenn Du schon planst, was heute klappen muss, bist Du bereits verspannt, weil Du Dich unter Erfolgsdruck setzt.

Ich drücke meine Daumen, dass Du die Gelassenheit findest, damit Du sie dem Schatzi leihen kannst, wenn er sie verliert ;-)

Ich denke es ist bei dir wie bei vielen von uns, das wir einfach "Dinge herbeidenken"

Ich habe das bei Casper gemerkt um so unruhiger ich war um so bescheidener waren die Longiereinheiten, die bei uns ja im letzten Jahr überwiegten, deshalb kann ich nur davon berichten.

Ich habe mir auch abgewöhnt wenn ich "sche..e" drauf bin irgendetwas mit den Pferden zu machen, das geht in die Hose.

Ich weiß nicht, vielleicht ist er auch momentan mit sich und seinem Körper irgendwie überfordert. Eine zeit lang war es ja so, je mehr Zeug auf dem Reitplatz lag desto konzentrierter, und jetzt scheint ihn das nur noch mehr zu stressen. Letztens habe ich drei Gassen aufgebaut, das war wohl schon zuviel.

Die Geitner-Struktur, die ich grade zum Longieren verwende, hilft mir ja schon ganz gut, aber immer springt er irgendwie nicht drauf an. Oder ich? Hm...

Bei Ella war das ja auch extrem lange ein Problem, bzw. eine Sache an der ich stets arbeiten muss und größte Wichtigkeit beimesse.

Ich denke, dass bei Ella mehrere Dinge zusammenkommen die dazu führten: Kurzer eher spanniger Rücken, ungünstige Halsung, null Körpergefühl, ausgeprägte Schiefe und aus all dem resultierende Gleichgewichtsprobleme. Dazu ihr Temperament, ihre Intelligenz und flatternde Nerven die sie stets dazu veranlassen alles übers Tempo zu regeln und sich dabei vorne schön eng hinzustellen und sich vor der Anlehnung zu drücken.
Leider gibt es kein Patentrezept aber eines weiß ich recht sicher, solche Pferde brauchen unglaublich viel Zeit sich unterm Reiter zu finden und je mehr man versucht zu formen und evtl. (unbeabsichtigt) zu manipulieren desto mehr bringt man sie aus dem Konzept.
Auch habe ich sämtliche Hilfsmittel lange Zeit weggelassen (Stangen, Gassen usw.), das war alles noch viel zu schwierig für den Körperklaus. Auch wenn sie es augenscheinlich gut gemacht hat, hat sie es insgeheim gestresst und ging auf Lasten der Losgelassenheit.
Wir haben endlos viel Zeit auf dem Platz mit konsequentem geradeaus reiten an die Hand verbracht. Und das wirklich viele viele Monate. Die ersten Schritte der Grundausbildung (Takt/Losgelassenheit/Anlehnung) haben bei dem Pferd sehr viel länger gebraucht als bei den meisten anderen.
Pferde wie oben beschrieben stehen sich sehr oft selbst im Weg, ihnen muss man deutlich helfen eine Linie zu finden und dazu muss man konsequent Basisarbeit betreiben. Je langweiliger und kleinschrittiger desto besser.
Und ja das ist wohl der schwierigste Punkt, man muss lernen auch mal drüber weg zu reiten. Stets in dem Wissen, dass es besser wird und sich absolut nicht aus der Ruhe bringen lassen und seinen eigenen Plan weiterverfolgen.

Das Gemeine war immer, dass Ella durchaus alles mögliche anbot und man war geneigt es anzunehmen, aber das ging fast immer auf Kosten der Losgelassenheit.
Mittlerweile ist Ella über den Punkt hinweg und sehr solide grundausgebildet. Meist schön losgelassen über den Rücken unterwegs und das Beste, die Nerven sind endlich da. Sie lässt sich nicht mehr ablenken durch Außenreize, ist stets beim Reiter, hoch motiviert und macht rundum Spaß. Und das kam von ganz alleine, je ausbalancierter sie wurde und desto sicherer in der Grundausbildung.

Das wird schon, da bin ich ganz sicher.

Dann sind wir ja Leidensgenossen. Wenn ich so sehe, wie Ella und du mittlerweile zusammengefunden haben, keimt ja doch noch Hoffnung auf

Jaa...geradeaus reiten, das würde ich ja ganz gerne er findet ja immer was, um zur Seite zu hüpfen oder wenns blöd läuft rückwärts zu gehen. So ganz ohne etwas, was ihn von der Außenwelt ablenkt, gehts nicht, aber wehe ich leg zuviel in den Platz... Irgendwie immer eine Gratwanderung.

Wie lang hast du für die ersten drei Punkte der SdA gebraucht?

Puh ehrlich gesagt ist das schwierig zu sagen .
Ella ist noch dazu ein ziemlicher Spätzünder gewesen. Mit 3 1/2 war sie noch so kindlich, dass sie kopfäßig gar nicht in der Lage war sich auf das Reitpferdeleben einzulassen. Da habe ich sie nur kurz ans Gewicht gewöhnt, ein paar Mal ins Gelände geritten und bis fast 5 weggestellt .
Dann ging es eigentlich auch fast ein Jahr lang nur ins Gelände und mit der richtigen Dressurarbeit ging es erst 6 jährig los. Entspricht sicherlich nicht der Norm, aber ehrlich die sah aus wie eine 3 jährige und benahm sich auch so. Hätte vorher einfach nichts gebracht.
Gut 1 Jahr lang haben wir uns die ersten drei Punke erarbeitet, aber weit entfernt von konstant und reel.
Ein weiteres Jahr zur Festigung und immer länger werdender Reprisen von Losgelassenheit und konstanter Anlehnung.
Danach wurde es stetig besser und nun haben wir eigentlich den Rückstand sehr gut aufgeholt und ich finde sie recht altersgerecht ausgebildet.

Ich habe es mir aber zu Anfang auch selbst sehr schwer gemacht. Da unsere andere Stute das krasse Gegenteil ist, fehlte mir das Gefühl und das Basiswissen um Ella den Weg zu weisen.
Bei Taddel kam alles von ganz alleine und baute harmonisch aufeinander auf ohne dass ich mir großartig Gedanken gemacht habe. Sie hat mir sehr viel abgenommen und es mir schwer bzw. unmöglich gemacht zu versagen.
Bei Ella musste ich absolut nach Lehrplan arbeiten und mich Schritt für Schritt und vorallem diszipliniert an die SdA halten. Und jeder neue Schritt musste lange gefestigt werden bei ihr im Kopf ehe es weitergehen kann sonst war sofort wieder Spannung drin. Macht wirklich nicht unbedingt Spaß, weil die kleinen Fortschritte zunächst kaum spürbar sind. Außerdem war es für Ella wichtig genau zu wissen was man tut, sie braucht unheimlich viel Anleitung und Rahmen vom Reiter (ohne jedoch zuviel an ihr zu manipulieren), und jede kleine Unsicherheit führte ihrerseits zur selbigen.
Übrigens reagiert sie auf Sitzfehler ebenso mit Spannung und generell fehlerhaften Hilfen beispielsweise. Sie lässt sich deswegen auch nicht von anderen reiten. Nicht weil sie mich derart liebt, dass sie mich nicht teilen mag (schön wärs ), sondern schlichtweg weil kein anderer Reiter sich genauso anfühlt wie ich und sie das fremde Gefühl derart verunsichert das sie den Reiter entweder loswerden will oder sich verweigert und stehen bleibt.

Was ich sagen will, das Grundproblem fehlender Losgelassenheit liegt im Kopf und dazu reicht auch bei manchen Pferden eine minimale Unsicherheit durch was auch immer ausgelöst. Können viele verschiedene Faktoren sein, manchmal reicht ein Balanceproblem.
Deswegen ist mein Lösungsansatz da meist Basisarbeit und sich Grundgelassenheit aneignen um über das ein oder andere hinwegreiten zu können.

Und bei Ella (ich mag das nicht Verallgemeinern) war die Spannung, die Guckigkeit, das Scheuen alles Folgeerscheinungen die mit Verbesserung des Gleichgewichts und des Körpergefühls komplett verschwanden.

Da mein Mulletier ja anfangs durchaus spaßig sein konnte, kenn ich das Problem gut. Angefangen, daraus zu lernen, hab ich, als ich mich eines Tages mit einer Miteinstellerin stritt. Mulle war bereits gesattelt und hatte zuvor auch gute Laune und Lust zu arbeiten. Nach dem Streit ging ich zu ihr und wollte aufsitzen. Mulle begann zurück zu weichen und seitlich abzudrehen. Das machte mich noch saurer. Als ich endlich sass, war sie zickig, völlig verspannt und bockig. Kurz drauf flog ich in hohem Bogen. Sie spiegelte meinen Seelenzustand sofort und 1:1.
Mir hilft, ausser dem singen, bis heute eine Atemübung, um mich innerlich runter zu fahren. Ca. 4 Finger unter der Kehlgrube (Thymusdrüse) mit einem Finger ca. 1 Minute lang leicht klopfen, dabei konzentriert durch den Bauch langsam und tief atmen. Danach bist du völlig ruhig, weil es den Stress abbaut.
Und Selbstsuggestion: Heute wird alles gut gehen, heute machen wir beide einen Fortschritt. Er wird entspannt mitarbeiten.

Klingt nach Voodoo, hilft aber tatsächlich.

Ich unterstreiche alles, was Ihr geschrieben habt und füge hinzu: Kraft (Materie) folgt Gedanke (Geist) - auch das klingt ein bisschen nach Esoterik, aber Murphys "Kraft der positiven Gedanken" (die leider auch die Kraft der negativen Gedanken betrifft) hat sich ja mit Büchern wie Mentales Training für Reiter auch in der Pferdewelt etabliert - und es funktioniert.

Ich finde die Diskussion sehr interessant. Ich habe ja auch ein Pferd, dass beim Reiten arge Probleme mit der inneren Losgelassenheit hat. das hat sicherlich mit seiner Vorgeschichte zu tun.

Nur äußert sich das bei ihm ganz anders als bei papilios Schatzi; wenn Richard beim Reiten Stress bekommt, weil er der Ansicht ist, dass irgendwas verlangt wird, was er gerade nicht kann/möchte/versteht, macht er dicht. Und das wird dann leider ganz schnell zum Teufelskreis, er reagiert immer weniger, wird immer fester und 'stumpfer', wenn man versucht, die Situation irgendwie zu lösen. Das hat ihm früher im Schulbetrieb den Ruf eingebracht, büffelig, faul und unsensibel zu sein. Dabei ist genau das Gegenteil der Fall. Wenn er sich wohlfühlt und innerlich losgelassen ist, ist er ein sehr rittiges (naja, auf unserem Niveau halt) und williges Pferd mit großem 'will-to-please'. Nur reichen schon irgendwelche Kleinigkeiten, um ihn 'aus dem Konzept' zu bringen, und dann macht er einfach zu. Man sieht richtig in seinem Gesicht, wie er dann 'ausschaltet'. Es gibt wirklich Tage, wo ich aus dem Lob nicht mehr herauskomme und er zu wahren Sternstunden aufläuft und alles leicht geht. An anderen Tagen kommen wir kaum sinnvoll in die Runde, weil ihm gleich am Anfang irgendwo der Schuh gedrückt hat und er dann die ganze Stunde der Ansicht ist, dass das alles ganz furchtbar ist und unmögliche Dinge von ihm verlangt werden. Da komme ich dann auch irgendwie gar nicht zum Loben, auch wenn ich es gerne würde. Früher im Schulbetrieb war dann eben überdeutlicher Gerten- und Schenkeleinsatz die Devise, was das Ganze sicher nicht besser gemacht hat. Bei mir hat das mittlerweile eher zu übervorsichtigem reiten mit mangelnder Körperspannung und Schlabberzügel geführt, um das Mimöschen bloß nicht zu verstören. Ist aber natürlich auch nicht sinnvoll, so kann man kein Pferd korrekt arbeiten. Manchmal hilft es, die Zügel nochmal wegzuschmeißen, 10 Minuten rumzugondeln und dann neu anzufangen. Aber meist sind solche Stunden einfach Käse. Wobei ich zugeben muss, dass mir auch schon ein, zwei mal der Kragen geplatzt ist, wenn er wieder mal scheinbar grundlos meinte, nichtmal gescheit vorwärts traben zu können.

Anfangs habe ich gedacht, dass das hauptsächlich eine körperliche Problematik ist. Sicher hat er auch da gute und schlechte Tage. Aber mittlerweile bin ich sicher, dass die 'Crux' da im Kopf sitzt. Das zeigt sich ganz stark bei Fremdreitern. Da stellt er nämlich erstmal aus Prinzip auf 'Krampfmodus'. Er kann bei mir gerade gelaufen sein wie ein Glöckchen - wenn dann wer Fremdes darufsteigt, kriegt er gleich das 'P' in den Augen und tut, als sei er die letzte Schindmähre. Irgendwann, wenn der Reiter sich dann so 20 Minuten gequält und ihm nichts 'getan' hat, macht es meistens 'klick', er fasst Vertrauen und läuft wieder...
Meine Osteopathin, die wirklich auch ganz toll auf die Psyche der Pferde eingeht, sagte auch schon, dass er ein ganz spezieller Typ ist, sehr sensibel und fühlt sich schnell überfordert, obwohl er eigentlich immer gefallen möchte (das korreliert wahrscheinlich sogar - durch den will-to-please überfordert er sich mental selbst). Sie sagte, ich solle alles mit ihm noch spielerischer angehen. Nur bin ich da manchmal mit meinem Latein am Ende. Wir machen ja schon viel Bodenarbeit und Gelände und ich erwarte in der Dressur gar keine Höhenflüge, ich möchte einfach nur ein bisschen Gymnastizieren, was er ja auch wegen seines Gebäudes dringend braucht.
Ich hätte auch gern wieder Unterricht, aber ich habe hier in der Gegend bisher keinen Reitlehrer gefunden, der ausreichend bereit ist, auf unsere Probleme einzugehen. Letztens hatte ich Kontakt mit einem Pärchen, deren Konzept mir grundsätzlich gut gefiel. Das kommt aber erst in Betracht, wenn unser Reitplatz endlich fertig ist..

Ich denke, vieles wird auch mit der Zeit und zunehmender Routine kommen. Der Schatzi ist ja nun noch nicht soooo lange Reitpferd und Ihr hattet ja auch immer wieder Pausen aus verschiedenen Gründen.
Vielleicht legst Du erstmal garnichts mehr auf den Platz und übst "nur" das geradeaus außen herum reiten. Kannst Du nicht evtl. auch das Equikinetik Konzept, das Du beim Longieren benutzt, auch beim Reiten anwenden?
Bei Filo hatte/habe ich dieses Problem oft in fremder Umgebung. Bei unseren ersten Kursen war sie teilweise garnicht ansprechbar, weil es soviele andere spannende Dinge gab. Mit zunehmender Routine wurde das aber allmählich besser.

Zitat von Gambassi im Beitrag #10

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Ich finde die Diskussion sehr interessant. Ich habe ja auch ein Pferd, dass beim Reiten arge Probleme mit der inneren Losgelassenheit hat. das hat sicherlich mit seiner Vorgeschichte zu tun.

Nur äußert sich das bei ihm ganz anders als bei papilios Schatzi; wenn Richard beim Reiten Stress bekommt, weil er der Ansicht ist, dass irgendwas verlangt wird, was er gerade nicht kann/möchte/versteht, macht er dicht. Und das wird dann leider ganz schnell zum Teufelskreis, er reagiert immer weniger, wird immer fester und 'stumpfer', wenn man versucht, die Situation irgendwie zu lösen. Das hat ihm früher im Schulbetrieb den Ruf eingebracht, büffelig, faul und unsensibel zu sein. Dabei ist genau das Gegenteil der Fall. Wenn er sich wohlfühlt und innerlich losgelassen ist, ist er ein sehr rittiges (naja, auf unserem Niveau halt) und williges Pferd mit großem 'will-to-please'. Nur reichen schon irgendwelche Kleinigkeiten, um ihn 'aus dem Konzept' zu bringen, und dann macht er einfach zu. Man sieht richtig in seinem Gesicht, wie er dann 'ausschaltet'. Es gibt wirklich Tage, wo ich aus dem Lob nicht mehr herauskomme und er zu wahren Sternstunden aufläuft und alles leicht geht. An anderen Tagen kommen wir kaum sinnvoll in die Runde, weil ihm gleich am Anfang irgendwo der Schuh gedrückt hat und er dann die ganze Stunde der Ansicht ist, dass das alles ganz furchtbar ist und unmögliche Dinge von ihm verlangt werden. Da komme ich dann auch irgendwie gar nicht zum Loben, auch wenn ich es gerne würde. Früher im Schulbetrieb war dann eben überdeutlicher Gerten- und Schenkeleinsatz die Devise, was das Ganze sicher nicht besser gemacht hat. Bei mir hat das mittlerweile eher zu übervorsichtigem reiten mit mangelnder Körperspannung und Schlabberzügel geführt, um das Mimöschen bloß nicht zu verstören. Ist aber natürlich auch nicht sinnvoll, so kann man kein Pferd korrekt arbeiten. Manchmal hilft es, die Zügel nochmal wegzuschmeißen, 10 Minuten rumzugondeln und dann neu anzufangen. Aber meist sind solche Stunden einfach Käse. Wobei ich zugeben muss, dass mir auch schon ein, zwei mal der Kragen geplatzt ist, wenn er wieder mal scheinbar grundlos meinte, nichtmal gescheit vorwärts traben zu können.

Anfangs habe ich gedacht, dass das hauptsächlich eine körperliche Problematik ist. Sicher hat er auch da gute und schlechte Tage. Aber mittlerweile bin ich sicher, dass die 'Crux' da im Kopf sitzt. Das zeigt sich ganz stark bei Fremdreitern. Da stellt er nämlich erstmal aus Prinzip auf 'Krampfmodus'. Er kann bei mir gerade gelaufen sein wie ein Glöckchen - wenn dann wer Fremdes darufsteigt, kriegt er gleich das 'P' in den Augen und tut, als sei er die letzte Schindmähre. Irgendwann, wenn der Reiter sich dann so 20 Minuten gequält und ihm nichts 'getan' hat, macht es meistens 'klick', er fasst Vertrauen und läuft wieder...
Meine Osteopathin, die wirklich auch ganz toll auf die Psyche der Pferde eingeht, sagte auch schon, dass er ein ganz spezieller Typ ist, sehr sensibel und fühlt sich schnell überfordert, obwohl er eigentlich immer gefallen möchte (das korreliert wahrscheinlich sogar - durch den will-to-please überfordert er sich mental selbst). Sie sagte, ich solle alles mit ihm noch spielerischer angehen. Nur bin ich da manchmal mit meinem Latein am Ende. Wir machen ja schon viel Bodenarbeit und Gelände und ich erwarte in der Dressur gar keine Höhenflüge, ich möchte einfach nur ein bisschen Gymnastizieren, was er ja auch wegen seines Gebäudes dringend braucht.
Ich hätte auch gern wieder Unterricht, aber ich habe hier in der Gegend bisher keinen Reitlehrer gefunden, der ausreichend bereit ist, auf unsere Probleme einzugehen. Letztens hatte ich Kontakt mit einem Pärchen, deren Konzept mir grundsätzlich gut gefiel. Das kommt aber erst in Betracht, wenn unser Reitplatz endlich fertig ist..

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Zitat von Ginny im Beitrag #14

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So ein Pferd ist auch nur ein Mensch, es hat gute (auch mental) und schlechte Tage. Ich persönlich finde es auch nicht schlimm. Wenn Mulle mal wieder einen SCH...tag hat, dann wird eben nicht gearbeitet, sondern gedölmert. Soll heissen, dann gehen wir erstmal Schritt am langen Zügel, ohne Richtung. Sie kann gehen, wohin sie will. Nach ein paar Minuten fange ich an, sie etwas zu lenken, dann merke ich schon, ob es Sinn macht, weiter zu versuchen oder ob wir es bei der Wiederholung von irgendwelchem ABC-Unfug belassen. Wenn sie brav mitmacht, dann steigere ich vorsichtig. Immer eher passiv als zu fordernd. Eher anfragen, ob sie Lust hat, mitzumachen. Und sehr oft ist sie wirklich nach 30 Minuten wieder locker und gelassen.

Klar, sie ist verzogen, aber so schlecht trainiert, dass ich nicht auch mal Fünfe gerade sein lassen kann, ist sie nicht. Und Dein Richard auch nicht. Wenn er einen "bad-day" hat, dann arbeite anders mit ihm. Oder geht draussen bummeln, wirkt auch oft lockernd.
Pferde mit Vergangenheit sind halt oft etwas anders - und zumindest meine Motte darf es auch, solange sie nicht bösartig wird. Und das ist sie niemals. Selbst nach den schlimmsten Aussetzern mit wildem Gebuckel blieb sie immer neben mir stehen und hat nie versucht, mich absichtlich zu treten.

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